Die Traceability von Teilen wird in der Industrie immer wichtiger. In der Medizintechnik und der Luftfahrt ist sie für viele Bauteile sogar verpflichtend. Unternehmen, die sie nicht implementieren müssen dafür hohe Kosten und große Belastungen in Kauf nehmen. Aber was ist Traceability überhaupt?
Was ist Traceability
Traceability (dt.: Rückverfolgung oder Rückverfolgbarkeit) beschreibt in der Industrie einen Vorgang durch den man in der Produktion hergestellte Teile als solche registrieren und an einem späteren Zeitpunkt wiedererkennen kann. Am Zeitpunkt der Registrierung des Objektes können auch weitere Informationen zur Produktion und zum Herstellungsprozess aufgenommen werden, wie etwa die zugehörige (Serien-)Nummer, das Datum und die Zeit der Herstellung, der Produktionsstandort und weitere Alleinstellungsmerkmale.
Am bekanntesten dürfte wohl das Beispiel aus der Post sein. Für jedes Paket wird eine Sendungsnummer erstellt, unter der Informationen wie Absender, Empfänger, Gewicht und Größe hinterlegt und gespeichert sind. Auf dem Paket wird dann eine Markierung aufgebracht – meistens ein Barcode oder QR-Code – mit der man einfach an Sendungsnummer und hinterlegte Daten gelangt. Der Code wird anschließend an den verschiedenen Stationen des Sendungsverlaufes gescannt und neue Daten, z.B. über den aktuellen Standort, werden übermittelt. Jeder mit der zugehörigen Sendungsnummer kann nun nachvollziehen, wo sich das Paket zu verschiedenen Zeitpunkten aufgehalten hat. Auch ein voraussichtliches Lieferdatum kann dadurch bestimmt werden.

Gründe der Traceability
Unternehmen können von der Rückverfolgung ihrer Bauteile und Produkte profitieren. Traceability wird an erster Stelle bei Produktrückläufern wichtig. In den letzten Jahren wurden Rückrufaktionen immer häufiger und gleichzeitig auch immer teurer. So stellte die Allianz in einer Studie fest, dass sich die Schäden durch Rückläufer in den letzten Jahren auf durchschnittlich 1,1 Millionen US Dollar pro Unternehmen belaufen haben (siehe: Allianz: Product Recall Report). Teilweise sind solche Schäden für Unternehmen nicht zu bewältigen und können ruinös enden. So musste das Automobilunternehmen Takata nach einer Rückrufaktion Insolvenz anmelden (siehe: Automobilzulieferer: Takata meldet Insolvenz an).
Für viele Betriebe ist es somit nicht nur interessant, sondern auch essenziell ihre Produkte ab Beginn der Wertschöpfungskette rückverfolgen zu können. Zum einen kann ein Produktrückruf dadurch viel gezielter und in geringerem Umfang durchgeführt werden. Außerdem können sich Unternehmen so zusätzlich im Falle einer Rückrufaktion gegen (unbegründete) Regressansprüchen absichern.
Für viele Betriebe ist es somit nicht nur interessant, sondern auch essenziell ihre Produkte ab Beginn der Wertschöpfungskette rückverfolgen zu können. Zum einen kann ein Produktrückruf dadurch viel gezielter und in geringerem Umfang durchgeführt werden. Außerdem können sich Unternehmen so zusätzlich im Falle einer Rückrufaktion gegen (unbegründete) Regressansprüchen absichern.
Weiterhin ist die Rückverfolgung die Grundvoraussetzung für die Digitalisierung eines Unternehmens. Sie ermöglicht erst, zu jedem physischen Objekt eine digitale Spiegelung, z.B. in Form eines digitalen Schattens oder digitalen Zwillings, zu erschaffen. Im Zuge der Industrie 4.0 erleichtert Traceability die Implementierung im Bereich Logistik. Auch die Vernetzung von Daten – z.B. zwischen Produktion und Qualitätssicherung – gewinnt immer mehr an Bedeutung und wird von vielen Unternehmen dahingehend umgesetzt. Von einem per Computer abrufbaren Lager bis hin zur automatisierten Einzelteilregistrierung wird durch Traceability ein Schritt mehr in Richtung Digitalisierung gegangen.
Fälschungsschutz
Häufig versuchen sich Unternehmen durch eine verbesserte Traceability auch gegen Produktfälschungen zu schützen. Die OECD beschreibt in einer Studie die verheerenden Folgen der immer weiter wachsenden Produktpiraterie (siehe: OECD: Dangerous Fakes Study). Speziell durch den Online-Handel kommt es vermehrt zum Vertrieb von Produktfälschungen, die teilweise auch lebensgefährlich sein können. Die Fälschungen entsprechen häufig nicht den verpflichtenden Standards, die in Deutschland und der EU gelten. Beispielsweise warnt die OECD in der Kosmetik-, Pharma- und Kinderpflegeindustrie vor den gesundheitsschädigenden Folgen gefälschter Produkte. Aber auch innerhalb der Bauindustrie sind minderwertige Teile mit großen Risiken verbunden.
Nicht nur die Endkunden sind von Fälschungen betroffen. Unternehmen, die nicht ausreichend belegen können, dass sie das gefälschte Produkt nicht zu verantworten haben – oder dass es sich dabei überhaupt um eine Fälschung handelt – müssen für die daraus entstehenden Schäden haften. Trotz vieler Bemühungen sind die meisten Unternehmen jedoch mit den traditionellen Traceability-Verfahren nicht in der Lage, ausreichend gegen die Fälschungen vorzugehen.
Darüber hinaus gibt es natürlich auch weitere, branchenabhängige Gründe für die Implementierung einer Produktrückverfolgung. Teilweise verpflichtet auch der Gesetzgeber die Unternehmen zur Umsetzung einer Traceability. Spätestens dann muss sich ein Betrieb über die verschiedenen Arten und Lösungen der Rückverfolgung Gedanken machen. Im Folgenden werden die gängigsten Arten und Methoden aufgeführt und erläutert.
Arten der Traceability
Man unterscheidet in der Industrie meist zwischen der Einzelteil- und der Chargen-Rückverfolgung. Wie die Bezeichnung bereits erahnen lässt, handelt es sich bei der Chargen-Rückverfolgung um die Registrierung und das spätere Tracing einer Charge in der Produktion. Den einzelnen Produkten einer Charge wird eine einheitliche Nummer vergeben (Losnummer). Anhand dieser Losnummer lassen sich die Produkte anschließend rückverfolgen. Besondere Bedeutung hat die Chargen-Rückverfolgung für die Lebensmittelindustrie. Seit 2005 muss bei Lebensmitteln genau nachvollziehbar sein, welche Produktionsschritte bis zum Verkauf absolviert wurden. Zwar kann man dadurch Rückrufe kontrollieren, jedoch wird dabei immer eine ganze Charge zurückgerufen. Eine gezielte Rückrufaktion ist durch Chargen-Rückverfolgung nicht möglich. Auch die Implementierung eines digitalen Schattens bzw. Zwillings ist bei der chargenweise Rückverfolgung ausgeschlossen.
Genauer lassen sich einzelne Produkte durch eine Einzelteil-Rückverfolgung tracken. Dabei bekommen die Produkte keine Losnummer, sondern eine Seriennummer. Die Seriennummer weist nicht nur auf eine gewisse Charge hin, sondern wird für jedes einzelne Bauteil individuell erstellt und zugewiesen. Damit kann man später genau nachvollziehen, um welches Teil es sich handelt, wann es hergestellt wurde – gegebenenfalls auch unter welchen Bedingungen – und welcher Lieferkette es gefolgt ist. Dadurch lassen sich eventuelle Regressansprüche besser widerlegen und Rückrufaktionen präziser steuern. Auch eine vollständige Digitalisierung hin zu einem digitalen Zwilling ist nur mit einer Einzelteilrückverfolgung möglich.
Eine Umrüstung von Chargen- auf Einzelteil-Rückverfolgung kann sich daher für viele Betriebe lohnen und ist weder umständlich noch besonders teuer. Bei der Konzeption neuer Produktionslinie sollten Unternehmen bereits von Anfang an mit einer Einzelteilrückverfolgung planen, um deren Vorteile umfänglich nutzen zu können.
Fazit und Ausblick
Somit ist Traceability (genauer: Einzelteil-Rückverfolgung) für die Industrie nicht nur eine einfach umzusetzende Lösung für die Implementierung einer digitalen Produktion. Sie ist auch die einzige Methode, um sich effektiv gegen Regressansprüche und Produktfälschungen wehren zu können und somit essentiell für alle Unternehmen in der Industrie. Sie planen eine Traceability in Ihrer Produktion umzusetzen? Wir beraten Sie gerne!
Um den verschiedenen Verpflichtungen der Einzelteil-Rückverfolgung, sowie den Wünschen nach einer digitalisierten Produktion nachkommen zu können, gibt es mehrere Lösungsmöglichkeiten. Wir haben sie in einem Blogbeitrag aufgeführt und erklärt. Hier geht’s zum Beitrag: „Track and Trace Methoden unter der Lupe – welche ist die Richtige für mich?“.
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